Markus Pfister schreibt hier als Gastautor über seine Erfahrungen, die ich auch sehr hilfreich finde (unten mehr zum Autor):

PAN-EU, USA, Australien, Japan, … irgendwann im Leben eines jeden erfolgreichen Amazon Verkäufers kommt der Zeitpunkt an dem man beginnt über die Expansion in neue Märkte nachzudenken. 

In diesem Blogartikel soll es um das Thema USA bzw. Amazon.com gehen. Ich möchte dir unsere größten Learnings an die Hand geben, die wir aus 1,5 Jahren Verkauf auf Amazon.com gezogen haben.

Also falls du gerade dabei bist in die USA zu expandieren oder zumindest mit dem Gedanken spielst – empfehle ich dir die folgenden Zeilen gründlich zu studieren, damit du unnötige Fehler vermeidest und von Anfang an voll durchstartest.

4 Gründe wieso die Expansion in die USA eine Überlegung wert ist

Bevor ich mit unserer Story starte und auf die Learnings eingehe, möchte ich dir nochmal die aus meiner Sicht besten Gründe geben, wieso eine Expansion in die USA eine große Chance sein kann.

  1. Mehr Umsatz

Der erste Grund ist wohl sehr offensichtlich. Amazon.com ist in etwa 7-mal so groß wie Amazon.de. Das heißt du hast theoretisch du hast ein enormes Wachstumspotenzial, ohne dass du völlig neue Produkte launchen musst – du verkaufst einfach dein bestehendes Sortiment in den USA. Natürlich variiert das tatsächliche Wachstumspotenzial je nach Nische und Produkt, aber auch wenn es “nur” eine Verdopplung deines Umsatzes in Deutschland wäre, ist es ja schon was.

  1. Review-Zusammenlegung

Seit Anfang 2020 werden die Bewertungen aller Amazon Marktplätze gesammelt auf den einzelnen Produktseiten angezeigt. Das heißt du profitierst auf Amazon.com auch von den Bewertungen von Amazon.de und umgekehrt.

Dies ist im Grunde ein sich selbst verstärkender Effekt, denn mehr Bewertungen heißt oftmals auch mehr Verkäufe. Daraus ergibt sich: Internationale Angebote haben mehr Bewertungen > mehr Verkäufe > erhalten mehr Bewertungen > mehr Verkäufe > usw.

Langfristig werden so tendenziell die Angebote, welche auf mehreren Marktplätzen verfügbar sind, andere (lokale) Angebote outperformen und verdrängen. Je früher du also bei dieser Entwicklung dabei bist, umso mehr profitierst du davon.

Umgekehrt gilt natürlich das gleiche: verharrst du mit deinen Angeboten nur auf Amazon.de, dann wird dir vermutlich früher oder später die Konkurrenz (die auf USA und PAN-EU verkaufen) den Rang ablaufen und dir Sales wegnehmen.

  1. Diversifikation

Neben den höheren Umsätzen, profitiert deine Unternehmen zusätzlich durch eine bessere Diversifikation deines Umsatzes. Denn dein Seller Account für USA und EU sind getrennt voneinander zu betrachten. Sollte wirklich einmal der worst-case eintreten und z.B. dein EU Account gesperrt werden, dann bleibt der US Account unberührt. (und umgekehrt)

Das sorgt zum einen für mehr Sicherheit und zum anderen auch zu stabileren Umsätzen, da Schwankungen durch den Verkauf auf mehreren Marktplätzen reduziert werden.

  1. Immer bei den neuesten Amazon Programmen mit dabei

Neue Programme oder Initiativen von Amazon werden immer zuerst in den USA getestet und der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Das sind Dinge wie: Amazon Vine, Early Reviewer Programm, Video Ads, A+ Content, Amazon Lending, um nur einige wenige zu nennen.

Wenn du nun auf Amazon.com verkaufst, hast du bereits viel früher Zugriff auf die neuesten Features und kannst damit arbeiten und Erfahrungen sammeln. Das hilft dir dann wiederum, wenn das Feature in Europa veröffentlicht wird, da du bereits Erfahrungswerte hast und direkt mit deinen Best-practises starten kannst.

4 Learnings aus 1,5 Jahren Verkauf auf Amazon.com

Jetzt kennst du die Gründe, wieso eine USA Expansion Sinn macht. Diese waren Mitte 2018 ebenfalls für uns ein Grund den Schritt zu wagen und so verkaufen wir seit Januar 2019 auf Amazon.com. Anfänglich noch etwas zögerlich und mit wenigen Produkten, läuft der Verkauf nun bereits wie am Schnürchen und erzielen mittlerweile 7-stellige Jahresumsätze in den USA. Aber glaub mir: vom Start bis jetzt gab es einige Überraschungen und Dinge, die wir im vorhinein nicht am Schirm hatten und uns anfänglich behindert haben.

Auf diese Punkte möchte ich nun eingehen und dir unsere größten Learnings mitgeben.

  1. Rechne mit hohen Logistikkosten

Nein, ich rede hier nicht von den FBA Gebühren. Diese sind zwar ebenfalls sehr viel höher und sollten von dir unbedingt in deine Kalkulation miteinbezogen werden, aber ich meine die Logistikkosten für die Anlieferung zu Amazon und dein Prep-Lager.

Solange man nur in Deutschland oder über PAN-EU verkauft, gibt es eigentlich wenig Gründe sich über diesen Punkt Gedanken zu machen. Man erstellt einen Anlieferplan in der Sellercentral, bekommt ein Lager in Deutschland zugewiesen und sendet die Ware per Paketlabels oder Palette zum Amazon Lager. Die Kosten für Lagerung und Versand sind dabei relativ gering bzw. überschaubar.

Nicht so in den USA! Hier fängt es schon bei den Prep-Lagern an. Die Lager- und Handlingkosten (Warenein- und ausgang) sind dort um einiges höher. Es gibt dabei auch sehr große Unterschiede zwischen den Fulfillment Anbietern und ich empfehle dir hier wirklich gut zu vergleichen und dir mehrere Angebote einzuholen.

Aber das ist nicht alles. Wenn du z.B. Artikel in Übergröße verkaufst, dann ist es normal, dass du nicht ein Lager, sondern drei bis vier Amazon Lager für die Anlieferung zugewiesen bekommst – und diese sind quer über die gesamten USA verteilt.

Das heißt du lagerst bspw. in Los Angeles und möchtest 1.000 Einheiten anliefern. Von Amazon werden dir dann z.B. ein Lager in Florida, in Ohio und eines in Nevada zugewiesen zu welchen du anliefern sollst.

Das ist dann zum einen aufwändiger, weil du mehrere Sendungen hast und zum anderen schweineteuer, weil ein Truck von Los Angeles nach Florida sehr viel teurer ist als z.B. von Nord- nach Süd-Deutschland.

Es gibt zwar eine Option womit du auch bei Übergrößen immer nur ein Lager zugewiesen namens “Inventory Placement Service” (Gebühr pro Stück: ab 0,30$ bei Standardgröße bzw. ab 1,30$ bei Übergröße) bekommst, aber man ist in Bezug auf den Lagerstandort dennoch völlig dem Amazon Algorithmus ausgeliefert. Heißt selbst wenn du diesen Service aktiviert hast und deine Ware in Los Angeles lagerst, kann dir der Amazon Algorithmus dennoch ein Lager am anderen Ende der USA zuweisen, was dann doppelt teuer ist.

Alle, die nur Standardgrößen Produkte verkaufen können hierbei aufatmen – bei Standardgröße bekommt man immer ein Lager zugewiesen und dieses meist relativ nahe am eigenen Prep-Lagerstandort. Dennoch sind auch hier die Anliefergebühren sehr viel höher als in Europa.

Meine Empfehlung: Vorallem wenn du Übergröße Artikel verkaufst, rechne mit 1 – 2$ Anlieferkosten pro Stück. Bei Standardgröße je nachdem wieviele Einheiten du pro Paket verschickst mit min. 0,5 – 1$.

  1. Amazon Advertising (PPC, SB) Kosten sind sehr viel höher

Der US Markt ist zwar um einiges größer als der deutsche Markt, dafür aber ebenfalls um einiges umkämpfter. Das spiegelt sich auch in den Geboten für PPC und Sponsored Brands wider.

Es ist natürlich stark vom Produkt und Nische abhängig, und es gibt in den USA auch einige Nischen, wo man niedrige Klickpreise zahlt, aber teilweise ist es verrückt wie hoch die Klickpreise bei einigen Suchbegriffen sind.

Als konkretes Beispiel ein Produkt, welches wir ebenfalls in den USA verkaufen. Der Bestseller hat einen Verkaufspreis von 6,95$. Dieser ist beim Hauptkeyword auch immer ganz vorne gereiht unter den PPC Anzeigen. Klickpreis des Hauptkeywords im Durchschnitt 1,50$ – oder mit anderen Worten 22% Acos nach dem ersten Klick!

Das heißt jetzt nicht, dass du in den USA kein PPC schalten solltest. Aber du solltest wissen, dass du wenn du in einer stark umkämpften Nische unterwegs bist ein Launch nur über PPC ein teures und langwieriges Unterfangen werden könnte.

Meine Empfehlung: Je stärker umkämpft die Nische ist, in der du verkaufst, desto absurder werden teilweise die Gebote. Wenn du also in einer solchen verkaufst, rechne mit sehr hohen PPC Ausgaben. Die beste Strategie hierbei: baue dir ein sehr gutes organisches Ranking bei den Hauptkeywords auf und schraube bei PPC die Gebote zurück. Anders wird es in einem stark umkämpften Markt sehr schwer insgesamt profitabel zu verkaufen.

  1. US Kunden haben andere Vorlieben (Farbvarianten, Muster, etc.)

Jeder Markt hat seine Unterschiede und so ist es ebenfalls in den USA der Fall. Wir haben hier mit der Zeit bemerkt, dass auffällige Farbvarianten oder Produkte mit Mustern von den Kunden bevorzugt werden. Amerikaner wollen anscheinend mehr aus der Masse herausstechen.

Im Umkehrschluss haben wir unser Vorgehen bei Produktlaunches angepasst. Anstatt die Farben zu launchen, welche sich aus Erfahrung in Europa gut verkaufen, ziehen wir stattdessen die Zahlen aus den USA heran für unsere Erstbestellungen. Zudem sind wir dabei für die USA vermehrt Muster und auffälligere Farbvarianten zu bringen. Man muss sich eben dem Markt anpassen.

Meine Empfehlung: Analysiere genau den Markt bevor du startest. Nutze dazu Produktrecherche Tools. Wenn du z.B. Helium10 nutzt, dann kannst du mit dem Review-Insights des Chrome Plugins ganz einfach anhand der Review Verteilung erkennen, welche Varianten eines Mitbewerbers sich besser bzw. schlechter verkaufen. Frage zudem Leute oder Bekannte in den USA oder engagiere Spezialisten, um eventuelle Vorlieben von US Kunden bereits im Vorhinein zu kennen.

  1. Das Steuerthema ist in den USA kein Thema

Bitte nimm den Satz so nicht wörtlich, aber was ich damit sagen will: Steuern und Buchhaltung sind in den USA aus meiner Sicht sehr einfach geregelt.

Es gibt zum einen die Sales Tax, welche mit der Umsatzsteuer vergleichbar ist. Diese kann man ganz einfach mit dem Tool Taxjar berechnen lassen. Hier gilt es nur zu beachten, dass man sich in den einzelnen Bundesstaaten für die Sales Tax registrieren muss.

In jüngster Vergangenheit wurde dies nun aber ungemein simpler, da nun in vielen Bundesstaaten gilt: Wenn man nur über Amazon verkauft, dann führt Amazon die Sales Tax automatisch ab – eine Registrierung in den einzelnen Bundesstaaten ist dann meist nicht mehr notwendig.

Die zweite Steuer, die es zu beachten gilt, ist die federal und state tax. Diese ist abhängig mit welcher Rechtsform man agiert – wir haben für den Verkauf in den USA eine Corporation (Inc) in Florida gegründet. 

Federal und state tax sind vergleichbar mit der Körperschaftsteuer. Bemessungsgrundlage ist hierbei der Unternehmensgewinn, der sich aus der Bilanz ergibt. Abgegeben wird die Einkommenssteuererklärung (Income Statement) in Zusammenarbeit mit einem lokalen Steuerberater.

Alles in allem ist das Thema Buchhaltung und Steuern aus meiner Sicht sehr einfach gestaltet. Wir arbeiten dabei von Beginn an mit der Firma ALTON zusammen und können diese wärmstens empfehlen.

Meine Empfehlung: Wenn du für dein Unternehmen Potenzial in der USA Expansion siehst, lass dich keinesfalls vom Thema Steuern abschrecken. Vereinbare bei Ungewissheit einfach einen Beratungstermin bei Experten (z.B. ALTON, Til Andernach, Christoph Heuermann, usw.) und lass dich beraten welches Firmen-Setup für dich am besten passt. 

Fazit

Du siehst nun: Der Marktplatz Amazon.com bietet kurzfristig, wie langfristig enormes Potenzial und sollte in deiner Unternehmensplanung schonmal in Erwägung gezogen werden. Aber es gibt auch einige Fallstricke und Stolpersteine, die man leicht übersehen kann, wenn man selbst noch nicht auf Amazon USA tätig war.

Um das Thema abzurunden hier nochmal ein Ratschlag von mir:
Wenn du bereits erfolgreich über PAN-EU verkaufst und alle Zeichen für die Expansion in die USA auf grün stehen, dann wage den Schritt. Aber sei dir bewusst, dass es mit viel Arbeit und Kapitalaufwand verbunden ist. Rechne mit längeren Launch-Phasen und höheren Advertising Kosten bei umkämpften Nischen – starte vielleicht mit Produkten aus deinem Sortiment, die weniger stark umkämpft sind, um erstmal “den Fuß in die Türe zu bekommen” und weite dein Sortiment dann Schritt für Schritt aus.

Ich hoffe ich konnte dir mit dem Blogartikel ein paar Tipps an die Hand geben, die dir den Start in den USA erleichtern. Vielen Dank an dieser Stelle an Bernhard für die Möglichkeit auf seinem Blog zu schreiben.

Also dann – viel Erfolg beim Umsetzen! 🙂

Zum Autor: Markus Pfister

Markus ist langjähriger Amazon Seller und Amazon Account Manager für Marken mit 7- und 8-stelligen Jahresumsätzen. Während dieser Zeit konnte er bereits viele Erfahrungen in den Bereichen PAN-EU, USA, SEO und Amazon Marketing sammeln.

Zudem ist er Gründer des Übersetzungsservices AMZ Translate, welcher sich auf die Übersetzung von Amazon Listings spezialisiert hat. AMZ Translate verbindet hierbei professionelle Übersetzungen von Native Speakern und Amazon SEO, um dein Amazon Listing bestmöglich zu übersetzen und zu optimieren.

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